#8 Zapatismus Teil 1 mit Nico Klomann

Shownotes

Für die aktuelle Episode haben wir in den Süden Mexikos geschaut. Dort leben die Zapatisten in einer Utopie, die zumindest teilweise schon realisiert ist. Seit einem Aufstand 1994 verwalten sie dort, im Bundesstaat Chiapas, ihre Geschicke selbst in weitestgehender Autonomie. Der Staat Mexiko ist zwar auch in diesem Gebiet offiziell Machthaber, und es gibt auch eine starke Militärpräsenz mexikanischer Soldaten, aber die Zapatisten haben ihre eigenen Strukturen aufgebaut.

Es gibt viele spannende Aspekte, die wir zusammen mit Nico Klomann aus Mexiko näher beleuchten. So haben die Zapatisten ihre eigenen Räte und Regierungen, die sehr basisdemokratisch, gewissermaßen anarchistisch funktionieren. Zudem haben sie eine eigene Armee sowie ihre eigenen Gerichte, Schulen und Krankenhäuser. Der wichtigste Aspekt ist, dass sie als überwiegend aus Indigenas bestehende Bewegung auch das Land besitzen, auf dem sie arbeiten, und die Landwirtschaft und Wirtschaft selbst in der Hand haben, und versuchen, es weniger kapitalistisch zu organisieren als im Rest des Landes. Die emanzipatorische Bewegung arbeitet nicht darauf hin, die Macht in Mexiko zu übernehmen, sondern will die Gesellschaft sofort von unten verändern – was durch die Vertreibung der Großgrundbesitzer und die Verteilung des Landes an die Bauern und Bäuerinnen auch gelungen ist.

Seit dem Aufstand von 1994 setzen sich die Zapatisten für die Rechte der indigenen Bevölkerung Mexikos, aber auch generell gegen neoliberale Wirtschaftspolitik und für autonome Selbstverwaltung ein. Nico Klomann beschäftigt sich als Wissenschaftler und Aktivist insbesondere mit dem Widerstand der indigenen Gruppen am Istmo de Tehuantepec, der nun auch von einem Megaprojekt, dem Corredor Transistmico, bedroht ist. Weil der gesamte Südosten Mexikos einem industriellen Entwicklungsplan unterworfen werden soll, spielt nun der Zapatismus laut Nico Klommann wieder eine größere Rolle. Er bietet mit seiner jahrzehntelangen Vernetzungsarbeit den widerständigen Gruppen integrale Netzwerke an, und auch ideologisch wird der Zapatismus aufgrund der Bedrohungslage in anderen Landesteilen bestätigt. Somit werden, sagt Nico, das autonomistische Projekt der Zapatisten und dessen Organisationsformen zunehmend attraktiver.

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Im Sommer kommt eine Delegation der Zapatisten per Segelschiff nach Europa (und den Rest der Welt) - 500 Jahre nach der angeblichen "Eroberung" dessen, was heute Mexiko ist, "landen" sie in Madrid: https://www.graswurzel.net/gwr/2021/02/das-virus-der-rebellion-geht-auf-reisen/

Die Zapatisten sammeln noch Spenden für ihre Reise: https://www.ya-basta-netz.org/die-zapatistas-kommen-zu-uns/

Hier geht es zur Seite der Ejército Zapatista de Liberación Nacional (EZLN, deutsch: Zapatistische Armee der Nationalen Befreiung) mit den neuesten offiziellen Mitteilungen der Organisation: https://enlacezapatista.ezln.org.mx/

Hier gibt’s eine deutschsprachige Seite mit aktuellen News zu den Zapatisten. Zum Beispiel will die Zapatistische Befreiungsbewegung EZLN im Sommer 2021 eine Delegation aus Mexiko in die ganze Welt schicken: https://www.gruppe-basta.de/

Der schöne Sach-Comic „Kleine Geschichte des Zapatismus“ von Luz Kerkeling und Findus hat uns sehr bei der Recherche geholfen. Mit vielen Zeichnungen bietet das Buch einen hervorragenden Einstieg und Überblick über alle Aspekte des Zapatismus: https://www.unrast-verlag.de/gesamtprogramm/reihen/kleine-geschichte/kleine-geschichte-des-zapatismus-detail

Vom Zapatismus-Experten Luz Kerkeling stammt auch die sehenswerte Dokumentation „Aufstand der Würde“, die das Leben der Zapatisten in Mexiko portraitiert: https://www.youtube.com/watch?v=C4aDWqUA6DQ

„One Hour of Zapatista Music“ Auch Feste und Zeremonien spielen bei den Zapatisten eine wichtige Rolle. Hier könnt ihr eine Stunde voller Zapatistischer Lieder hören: https://www.youtube.com/watch?v=5x3SmuY-ZAY

Der„Kaffee für den täglichen Aufstand“: Café Libertad organisiert seit 18 Jahren den kollektiven Import und Vertrieb von zapatistischem Bio-Kaffee und Espresso. Auf der Homepage von Café Libertad gibt es aber auch andere solidarisch gehandelte Produkte und viele Informationen zu Kaffeeanbau und zur Revolution in Mexiko sowie News rund um die Zapatisten: https://www.cafe-libertad.de/ ">https://www.cafe-libertad.de/

Frauenbewegung und Zapatismus: Im März 2018 kamen mehr als 5.000 Teilnehmerinnen aus aller Welt zum zapatistischen Frauentreffen – mehr als zehn Mal so viele, wie sich angemeldet hatten. Die Veranstaltung mit rund 180 Workshops, Debatten und Theaterstücken fand im Caracol „Morelia“ (einem der größten Sitze der zapatistischen Selbstverwaltung) statt: https://www.feminism-unlimited.org/eine-welt-in-der-viele-feminismen-platz-finden/

Ein weiterer Bericht: https://www.npla.de/thema/feminismus-queer/mehr-als-5000-teilnehmerinnen-beim-ersten-zapatistischen-frauentreffen/

Wer will, kann sich vor Ort bei den Zapatisten als Menschenrechtsbeobachter engagieren. Die Organisation CAREA koordiniert die Einsätze der freiwilligen Teilnehmer aus Deutschland, die dann im Bundesstaat Chiapas die von Gewalt bedrohten Gemeinden unterstützen: https://carea-menschenrechte.de/ueber-uns/

Über das Großprojekt „Corredor Transístmico“, von dem Nico Klomann erzählt, berichtete unter anderem der Nachrichtenpool Lateinamerika (NPLA): https://www.npla.de/thema/umwelt-wirtschaft/corredor-transistmico-grosse-plaene-wenig-informationen/

Um die wachsende Militarisierung zapatistischer Gebiete in Chiapas unter dem aktuellen mexikanischen Präsidenten Andres Manuel López Obrador geht es in diesem Artikel von NPLA: https://www.npla.de/thema/repression-widerstand/militaer-in-chiapas-mehr-krieg-als-sicherheit/

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